Frage: Die wpd AG plant über die Beteiligungsgesellschaft Offshore Ostsee Wind AG den Offshore-Windpark „Kriegers Flak“ in der Ostsee. Mit welchen Anlagen, welchem Investitionsvolumen und welchen Energie-Erträgen wird hier gerechnet?

Dr. Blanke: In der Ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ostsee – etwa 35 Kilometer nördlich von Rügen – sollen am Standort „Kriegers Flak“ 75 Windturbinen der 3,5-5 Megawattklasse errichtet werden. Für weitere 9 Anlagen bestehen Optionen, so dass ein Windpark mit einer Gesamtleistung von rund 350 MW zu erwarten ist. Der prognostizierte Energieertrag liegt bei über 1.386.000.000 kWh per anno, d.h. der Windpark kann rund 396.000 Einwohner mit Strom versorgen. Insgesamt wird das Bauvorhaben mit Kosten in Höhe von ca. 750 Mio. Euro veranschlagt.

Frage: Wie wird die Netzanbindung geregelt?

Dr. Blanke: Die Netzanbindung hängt zunächst von den Parametern „installierte Windparkleistung“ und „Entfernung zur Küste“ ab. Diese Parameter stehen fest. In der Bauphase wird das Kabel im Meeresgrund verlegt, um sie durch Beschädigungen durch Anker und die Fischerei zu schützen. Eine Anbindung erfolgt beim Umspannwerk Bentwisch bei Rostock.

Frage: Wie ist der aktuelle Stand der Planungsphase und wann rechnen Sie mit Realisierung des Projektes?

Dr. Blanke: Im März dieses Jahres begannen die Untersuchungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für den geplanten Standort. Entscheidende Untersuchungen wurden bereits abgeschlossen: So wurde beispielsweise per „Side-Scan-Verfahren“ die Meeresoberfläche per Echolot erfasst. Parallel hierzu laufen aber auch Gespräche mit der Kvaerner-Werft in Rostock bezüglich einer möglichen „Tipod“-Konstruktion für die Fundamente. Der Abschluss der Untersuchungen wird im April 2003 erwartet – bereits im 2. Quartal 2004 soll gemäß unseren Vorstellungen der Baubeginn erfolgen.

Frage: Wie steht es mit der Akzeptanz bei den Kommunen und Umweltverbänden sowie der Bevölkerung, des Wasser-Schiffahrtsamts und der Fischerei-Wirtschaft?

Dr. Meier: Sicherlich wird es bei solchen Projekten immer wieder Kritiker geben – unsere bisherigen Gespräche haben aber gezeigt, dass erstens die Nutzung von regenerativen Energien gesamtgesellschaftlich einen großen Zuspruch findet und das zweitens auch die verschiedenen Interessengemeinschaften von möglichen positiven Effekten überzeugt werden konnten. So zielt unser Konzept verstärkt auf die Stärkung der heimischen Wirtschaft durch Einbindung von Partnern vor Ort, aber auch durch mögliche Neuansiedlungen. Dieser Aspekt ist gerade für die teilweise strukturschwachen Kommunen im Osten von entscheidener Bedeutung. Was die Belange der Umwelt angeht, lässt sich feststellen, dass mit jedem Offshore-Projekt erhebliche Mittel für Ausgleichsmaßnahmen bereitgestellt werden. Unsere Untersuchungen, aber auch Erfahrungen aus Skandinavien haben darüber hinaus gezeigt, dass Windparks auf See eine hervorragende Rückzugsmöglichkeit für Fischbestände bieten. Dänische Fischer bevorzugen deshalb oftmals die Fanggebiete rund um die Windparks – dies gilt perspektivisch auch für die deutsche Fischereiwirtschaft.

Frage: Was haben die bisherigen Untersuchungen des Forschungsschiffes „Ocenania“ hinsichtlich hydrographischer sowie geologischer Umweltauswirkungen ergeben und welche Rückschlüsse lassen sich in Bezug auf die Fisch-, Vogelbestände und Säugetiere ziehen?

Dr. Meier: Die 28-köpfige Besatzung des Forschungsschiffes, bestehend aus Meeresbiologen, Ornithologen und Chemikern, führte hierzu aufwendige Untersuchungen durch. Das mecklenburgische „Institut für angewandte Ökologie“ leitete diese Studien und wertete sie aus. Gegenstand der Untersuchungen ist zum Beispiel die Verdriftung von aufgewirbeltem Sediment, mögliche Temperaturerhöhung im Kabelbereich, elektrische und magnetische Felder sowie Schadstoffeintragungen durch Emissionen, wie zum Beispiel Öl oder Farbreste. Ein wesentlicher Faktor ist aber auch die Untersuchung von Schallbelastungen durch den Schiffsverkehr, aber auch die Fundamentarbeiten auf Fische, Vögel und Meeressäuger. Gemäß aller bisher vorliegenden Untersuchungen von Herrn Dr. Jan Kube, die im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutzes und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erarbeitet wurden, sind die möglichen Umweltauswirkungen als äußerst gering einzuschätzen.

Frage: Wie beurteilen Sie die Rentabilität von Offshore-Standorten angesichts relativ hoher Investitionskosten?

Dr. Meier: Die Betriebskosten von Offshore-Anlagen müssen deutlich höher angesetzt werden, als bei Anlagen an Land. Entscheidend hierfür sind die Entfernung zur Küste und die damit verbundenen Kosten für die Netzanbindung, die Wassertiefe und die damit verbundenen Herausforderungen an die Fundamente sowie spätere Verfügbarkeiten, beziehungsweise notwendige Service-Leistungen, die im Offshore-Bereich aufwendiger und damit teurer sind, als an Land. Dennoch ergeben sich wesentliche Vorteile durch mittlere Jahreswindgeschwindigkeiten im Offshorebereich, die zwischen 7 und 10 m/s liegen – Werte, die an Land nicht erreicht werden. Außerdem sind perspektivisch Kostenreduktionspotenziale in den Bereichen Netzanbindung, Fundamentierung und auch bei der technischen Betriebsführung zu erwarten – entsprechend der Entwicklung im Onshorebereich.

Frage: Welches Potenzial sehen Sie vor diesem Hintergrund im Offshore-Markt in den kommenden Jahren?

Dr. Blanke: Wir erwarten einen großen Wachstumsmarkt im Offshorebereich. Einerseits sind die für die Windenergie nutzbaren Flächen an Land begrenzt – eine Vielzahl der interessanten Standorte sind bereits bebaut. Zweitens spricht die Effektivität für Offshore-Anlagen, die deutlich mehr als vergleichbare Anlagen an Küstenstandorten produzieren. Aber auch aufgrund der Entfernung zum Land ist ein erhebliches Konfliktpotenzial minimiert: Eingriffe in das Landschaftsbild sind kaum wahrnehmbar, so dass Belange zum Beispiel des Tourismus selten berührt werden.
Auch die politische Seite favorisiert ja einen Ausbau der Windenergie auf See. Das Bundesumweltministerium plant bis 2030 eine 15%ige Abdeckung des deutschen Stromverbrauch durch Offshore-Anlagen.